Archiv 2008






Michael Quetting, Vorsitzender der Peter-Imandt-Gesellschaft während seiner Begrüßungsrede


"Akte Ramelow" Autor Stefan Wogawa mit Bodo Ramelow (r.)
Bodo Ramelow in Saarbrücken über "Die Akte Ramelow"

Auf Einladung der Peter-Imandt-Gesellschaft weilte der Stellv. Vorsitzende der Fraktion Die LINKE im Deutschen Bundestag und Spitzenkandidat seiner Partei bei den Landtagswahlen in Thüringen Bodo Ramelow in Saarbrücken. Gemeinsam mit dem Autor Stefan Wogawa stellte er sein Buch "Die Akte Ramelow" vor, in dem detailreich die systematische Beobachtung seiner Person durch den Verfassungsschutz beschrieben wird. Ramelow wehrte sich gegen die Bespitzelung und ging den Klageweg. Anfang 2008 musste das Kölner Verwaltungsgericht entscheiden: die Beobachtung Ramelows durch den Verfassungsschutz sei rechtswidrig, denn liegen keine gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz vor.

Der Eintritt des bekannten Gewerkschafters Ramelows 1999 in die PDS war wohl der Beginn des großen Interesses an seiner Person beim Landesamt für Verfassungsschutz Thüringens. Während seiner Recherchen über das Ausmaß der Überwachung fand Ramelow heraus, dass man sich anfangs auf Gutachten zweifelhafter "Politikwissenschaftler" stützte, die von der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Hanns-Seidel-Stiftung mit Steuergeldern finanziert wurden. Darin wurde ihm fälschlicherweise eine Nähe zur Deutschen Kommunistischen Partei unterstellt, ohne Belege dafür zu präsentieren. Ramelow ironisch: "Der Verfassungsschutz hätte mir mal wenigstens eine Weihnachtskarte schicken können, als Dankeschön für die Arbeitsplatzsicherung".

Durch das nach jahrelangem Rechtsstreit erwirkte Urteil braucht Ramelow nun keine Observierungen mehr zu fürchten und könnte sein Geheimdienstdossier vernichten lassen. Doch Ramelow entschied sich dafür, dass seine Akte erhalten bleibt um deren Inhalt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In Abwandlung der Parole von Karl Marx meint Ramelow: "Wir haben nichts zu verlieren außer unsere Akte".

Für Ramelow ist klar: In Deutschland geraten links stehende Menschen leicht in den Generalverdacht Verfassungsfeinde zu sein. Selbst die LINKEN Bundestagsabgeordneten wurden vom Verfassungsschutz "erfasst", wie es im Geheimdienstjargon heißt.
Obwohl sich die LINKE immer gegen die Aushöhlung des Grundgesetzes zur Wehr setzte und als einzige Fraktion den Großen Lauschangriff, Online-Durchsuchungen oder völkerrechtswidrige Kriegseinsätze ablehnte, weil diese klar gegen das Grundgesetz verstoßen, wird nur der LINKEN die Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes zu Teil.

Gespannt ist Ramelow auf die nächsten Landtagswahlen im August 2009. Sollte er sein Ziel erreichen und nächster Ministerpräsident Thüringens werden, will er sich überraschen lassen, was der Verfassungsschutz dann noch gegen ihn als frei gewählten Volksvertreter sammeln will. "Könnte gut sein, dass es dann zu Differenzen zwischen dem Verfassungsschutz in Thüringen und dem Verfassungsschutz im Bund komme."

Auf die Frage angesprochen wie sich denn der Verfassungsschutz verändern sollte, plädierte er dafür, eine "Initiative zur Dokumentation Rechtsradikaler Gewaltaktionen" ins Leben zu rufen. Dabei darf man sich nicht nur auf die NPD konzentrieren, sondern auch die "Kameradschaften", sowie antisemitische, rassistische und ausländerfeindliche Netzwerke und Strukturen müsse man im Auge behalten. Die Bundesregierung sollte schnellstmöglich dazu gebracht werden den Kalten Krieg zu beenden. "Es gibt keine 'Fremde Heere Ost' mehr", meinte Ramelow mit Anspielung auf die Gründerväter der bundesdeutschen Geheimdienste.

Ramelow schüttelte nur den Kopf als eine Frage nach den Befugnissen neu geschaffener "Sozialgeheimdienste" kam, die Hartz IV-Betroffene mit neuester Technik nachspionieren. Auf der anderen Seite weigere sich die Bundesregierung ein elektronisches Waffenregister zu schaffen obwohl dies problemlos und notwendig wäre, wie der Amoklauf eines Jugendlichen im Gutenberg Gymnasium in Erfurt zeigte, bei dem im Jahr 2002 sechzehn Menschen starben.

18. November 2008