Archiv 2000 bis 2002







Scharfe Kritik am Otto-Katalog

Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Publizist aus Bremen, ist ein scharfer Kritiker des “Präventionsstaates”. Bei seinem Vortrag in der Saarbrücker Stadtgalerie auf Einladung der Peter-Imandt-Gesellschaft kritisierte er die als “Otto-Katalog” bekannt gewordene Verschärfung der Sicherheitsgesetze in der Republik. Er sieht in diesen “bislang unfangreichsten Rechtseingriffen” sogar einen Misstrauensbeweis und daher eine innenpolitische Drohung gegen die eigene Bevölkerung.

Gössner legte dar, dass auch unter dem Eindruck des 11. September die am 14. Dezember (2001) beschlossenen Gesetze seiner Einschätzung nach unangemessen sind. So würen auch die terroristischen Attentäter durch durchs Raster der verschärften Gesetzeslage aller Wahrscheinlichkeit nicht aufgefallen. Hier zu Lande hätten die Sicherheitsbehörden und Geheimdienste schon vor Verabschiedung des Sicherheitspakets umfangreiche Sonderbefugnisse gehabt (etwa Raster- und Schleierfahndung, Abhörmaßnahmen, verdeckte Ermittler). Für bedenklich hält es Gössner, dass die Trennung zwischen Geheimdiensten und Polizei aufgebrochen  werde und dass der Verfassungsschutz immer weit reichendere Befugnisse erhalte. Problematisch sei das Speichern biometrischer Daten in Ausweisen sowie die  Ausweitung geheimdienstlicher Sicherheits-Überprüfungen am Arbeitsplatz. Die ins Feld geführte Priorität von der Sicherheit der Bevölkerung lässt Gössner so nicht gelten: “Es kann keine absolute Sicherheit garantiert werden, erst recht nicht in einer hoch technisierten Gesellschaft.” Der Publizist hält es für möglich, dass die staatlichen Reaktionen auf die Terroranschläge der Demokratie größeren Schaden zufügen könnten, als die Anschläge selbst das vermochten.

Maßnahmen zur Erhöhung der Flugsicherheit hält Gössner indes für dringend  notwendig. Diskutieren könne man auch darüber, international fließende Geldströme transparenter zu machen.

aus “Saarbrücker Zeitung”, 17. Mai 2002