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Nachbericht von der Veranstaltung vom
Samstag, 9. Oktober 2010
WAS IST DRAN AM MYTHOS SCHARZBERG?
Strukturpolitische Wanderung mit Lothar Schnitzler, MdL
Nach Wiltingen, dem Zentrum des Rieslinganbaus an der unteren Saar, führte die strukturpolitische Wanderung des Linkspolitikers und Weinconnaisseurs Lothar Schnitzler, MdL, in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung/Peter-Imandt-Gesellschaft.
Mit über 160 ha bebauter Rebfläche steht der Ort ganz im Zeichen des Weinbaus. Die bekannteste und vielleicht beste Rieslinglage an der Saar ist der Scharzhofberg. Bis 100,- Euro und mehr kann eine Flasche kosten und ist für viele Weinliebhaber unerschwinglich.
Doch Lothar Schnitzler beruhigt: "Neben vielen Faktoren wie Klima, Boden, Sonneneinstrahlung und dem Können eines Kellermeisters gehört auch ein cleveres Marketing zum erfolgreichen Weingeschäft". Er selbst kenne viele preisgünstige Weine, mit herausragender Charakteristik und interessantem Geschmack. Schnitzler weiß von was er spricht, ist er doch von Hause aus Psychologe: "Die Beeinflussung von Konsumenten in ihr Kauf- und Geschmacksverhalten hat sehr viel mit Psychologie zu tun, was durch zahlreiche Blindverkostungen belegt ist."
Während der Wanderung über den Scharzberg äußert sich Schnitzler lobend über neue Initiativen für einen zeitgemäßen Weinanbau gerade junger Winzer, die alte, brachliegende und schwierig zu bewirtschaftende Weinberge wiederbeleben und dort ökologischen Anbau pflegen. Dieser Mehraufwand muss natürlich durch bessere Preise hereingeholt werden. Stellvertretend für viele nennt Schnitzler das Weingut Van Volxem, das seit 10 Jahren neue Wege geht und an die Zeit von vor 100 Jahren anknüpft, als Saar-Weine zu den besten und teuersten der Welt gehörten. Kurz vor der Jahrhundertwende kostete z.B. ein Van Volxem Riesling 15 Goldmark, die Gewächse berühmter Bordeaux-Schlösser "nur" zwischen drei und fünf Goldmark.
Die Zeiten von überzuckerten Massenweinen sind glücklicherweise vorbei. Diese haben den Verbrauchern ein falsches Weingefühl vorgegaukelt, zu Lasten der Qualität und der Wein-Kulturlandschaften. Denn Massenwein heißt: Mechanisierung, Industrialisierung, unverhältnismäßiger Einsatz von Chemie auf leicht zu bearbeitenden Rebflächen, zu Lasten besonderer Lagen, die man für zu arbeitsintensiv hielt.
Stellvertretend für diese Zeit stehen die Gebrüder Pieroth aus Rheinland-Pfalz, die in den 50er Jahren begannen, eigene Weine und die anderer Produzenten direkt zu verkaufen aber im Laufe der Zeit immer weniger Wert auf Qualität, dafür aber auf die erzielten Profite legten. "Elmar Pieroth, ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter und Wirtschaftssenator von Berlin war ein Vorkämpfer von Shareholder Value mit Billigweinen und folglich in den [Glykolwein-Skandal] von 1985 verwickelt", so Schnitzler.
Die während und nach der Besichtigungstour probierten Wiltinger Weine belegen das hohe Niveau der Winzerkunst. Das schöne Wetter und die abwechslungsreiche Gegend taten das ihre, um den Rundgang zu einem unvergessenen Erlebnis für die Teilnehmer zu machen.
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