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Harald Neuber (2. v.r.) als Experte im Fernsehstudio in Honduras

Der Militärputsch in Honduras – Wirtschaftsnahe Kräfte wie Deutschlands Liberale unterminieren den Widerstand

Vortrag des Journalisten Harald Neuber bei der Peter-Imandt-Gesellschaft/Rosa-Luxemburg-Stiftung, Saar und Attac Saar in Saarbrücken am 19. November 2009

Von Hans-Jörg Schneider

Die Fakten sollten bekannt sein: im Juni 2009 verschleppte das honduranische Militär den Präsidenten Manuel Zelaya nach Costa Rica. Seither wird das Land von einem selbst ernannten und international nicht anerkannten De-facto-Regime unter dem Putschistenführer Micheletti brutal beherrscht, finanziert durch die unternehmerische Oberschicht und gestützt durch das Militär.

Der Putsch stieß zunächst weltweit auf scharfe Kritik, von allen lateinamerikanischen Staaten bis zu den USA und Europa, und besonders die Staaten der Bolivarianischen Allianz für die Amerikas (ALBA). Keine Regierung der Welt hat das Regime anerkannt. Alle wichtigen internationale Menschenrechtsorganisationen schlugen angesichts massiver Menschenrechtsverletzungen Alarm.

In einem von attac Saar organisierten Vortrag des Journalisten Harald Neuber in den Räumen der Peter-Imandt Gesellschaft Saarbrücken am 19. November 2009 wurden Hintergründe, Folgen und derzeitige Perspektiven des Putsches deutlicher als in den meisten Presseorganen. Harald Neuber ist ein ausgewiesener Kenner der Lateinamerikas und hat über die Entwicklung in Honduras schon in vielen Artikeln berichtet; sie sind vor allem in der online Zeitung telepolis und auf der webseite amerika21.de nachzulesen, und sollen an dieser Stelle nicht rekapituliert werden.

Neuber griff in seinem Vortrag auf Erfahrungen zurück , die er vor wenigen Wochen bei einer auch von Attac Deutschland unterstützten Reise in Honduras gewonnen hat. Sein Vortrag wurde im Hintergrund durch bewegende Bilder untermalt, die Erinnerungen an das Blutvergießen bei den vielen Militärputschen in Südamerika hervorrufen- zu Unrecht glaubte man, sie seien eine endlich überwundene Vergangenheit.

Neuber machte klar, dass in deutschen Medien viele Darstellungen über den Putsch zumindest korrekturbedürftig sind: die Absicht des gewählten Präsidenten Zelaya, eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung abzuhalten, ging keineswegs auf ein Vorhaben zurück, seine eigene Amtszeit zu verlängern. Das wäre gar nicht möglich gewesen, da die neue Verfassung zum gleichen Zeitpunkt wie die anstehende Präsidentenwahl stattgefunden hätte, so dass eine Wiederwahl Zelayas unmöglich gewesen wäre. Vielmehr ging es bei einer neuen Verfassung um grundsätzliche Änderungen, welche die Macht der herrschenden Familien eingeschränkt hätte.

Mittlerweile zeichnet sich ab, dass der "Übergangspräsident" Micheletti, der verfassungswidrig vom Restparlament in bestimmt worden war, Unterstützung von wirtschaftsnahen Kreisen bekommt. Eine besonders unrühmliche Rolle spielen dabei die europäischen sogenannten Liberalen. Der Präsident der Liberalen Internationale, der Niederländer Hans van Baalen, reiste extra nach Tegucigalpa, um die Ernennung des Putschistenführers Micheletti zum Vizepräsidenten des internationalen Zusammenschlusses liberaler Parteien zu feiern. Der "Liberalen Internationale", gehört auch die FDP an, die durch ihre aus deutschen Steuermitteln geförderte Naumann-Stiftung eine besonders trübe Rolle spielt. Der Präsident der Friedrich-Naumann-Stiftung, der bekannte FDP-Politiker Wolfgang Gerhardt, bot Micheletti seine "bedingungslose Unterstützung" an. Parallel zum Beginn der OAS- Verhandlungen über die Überwindung der Krise gab Gerhardts Vertreter in Honduras, Christian Lüth, der regimenahen Presse mehrere Interviews, in welcher er Unterstützung des Gewaltregimes durch seine Stiftung bekräftigte.

Bemerkenswert ist, dass die für die Entwicklung in Lateinamerika wichtigsten Minister in Berlin, Westerwelle im Aussenamt, und Niebel im Entwicklungsministerium, beide der FDP angehören. Bisher wurde im Auswärtigen Amt eine Unterstützung der Haltung der FDP-nahen Naumann-Stiftung dementiert. Im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung findet sich nur die Aussage man wolle ein ressortübergreifendes Konzept zur langfristigen Ausgestaltung der Lateinamerikapolitik erarbeiten. Und, man strebe einen zeitnahen Abschluss der Doha-Welthandelsrunde an. Genau deren Freihandelsinitiativen werden von den ausgebeuteten Ländern des Südens abgelehnt, welche den überfälligen Schutz ihrer Wirtschaft einfordern.