Archiv 2006




"Bitte lächeln fürs Gruppenbild mit Damen" (Foto Michael Jung)


Vor der Abfahrt am Landwehrplatz (Foto: Adolf Schneider)


Kurze Pause auf dem Parkplatz am ’Col du Donon’
(Foto: Renate Müller)


Gegenüber des Parkplatzes am ’Col du Donon’: Memorial (Foto: Michael Jung)


Relax auf dem Berg in frischer Luft (Foto: Oliver Kleis)

Sonntag, 24. September 2006

Elsass – Land der Gegensätze

Exkursion ins Konzentrationslager Struthof und zum "Albert Schweitzer Haus" in Kaysersberg


Die Teilnehmer der dritten Tagesfahrt des Jahres 2006 der Peter Imandt Gesellschaft e.V. trafen sich am Sonntagmorgen, dem 24. September, wie immer kurz vor 8 Uhr an der für Saarbrücken zentral gelegenen Abfahrtsstelle am Landwehrplatz. Dort empfing sie der wissenschaftliche Fahrtbegleiter der Imandt Gesellschaft Dr. Nikolaus Götz. Dieser begrüßte zunächst die schon fast vollständig anwesenden Teilnehmer der sonntäglichen Tagesfahrt und eröffnete ihnen, dass zur morgendlichen Stärkung für alle belegte Brötchen und frischer Kaffee zur Verfügung ständen. Während sich einige der Teilnehmer so einen Imbiss gönnten, verteilte Dr. Götz soweit das vorbereitete Tagesprogramm, gab Erklärungen zum Reiseablauf und erläuterte die beiden Reiseziele des Tagesausfluges: Richtung Süden, ins benachbarte Elsass, sollte die Fahrt zunächst nach Struthof gehen, wo Gelegenheit zum Besuch des dortigen "Europäischen Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers" gegeben sein würde. Nach dem Mittagessen sollte das zweite Reiseziel, das Albert Schweitzer Museum in Kaysersberg, angesteuert werden. Vor dem Museum würde der mitreisende Diakon Hartmut König, Neffe Albert Schweitzers, eine Laudatio auf seinen berühmten Onkel halten.

Von Saarbrücken aus ging die Fahrt zunächst Richtung saarländische Grenze nach Güdingen-Fechingen, dann der Route Nationale folgend weiter über Saargemünd und Sarre Union. Ab da konnte die Reisegruppe der ausgeschilderten Wegführung "Donon" folgen, unter dessen Gipfel die Saar entspringt. Nachdem wir alsbald die größeren Ortschaften hinter uns ließen, sah der Betrachter eine immer abwechslungsreichere Landschaft mit schon stoppligen Feldern oder mit Getreide und Mais noch voll in Frucht. Direkt daneben auf den sattgrünen Wiesen weideten noch etwas schlaftrunken, die für die hiesige Gegend typischen schwarzbunten Kühe. Vor Abreschviller war neben der Straße ein ideal planer Fahrradweg zu sehen, der parallel zur Streckenführung der Landstraße verläuft. Obgleich dieser Weg frisch geteert ist, war deutlich zu erkennen, dass es sich bei diesem Trimmpfad um die alte Eisenbahntrasse handelt, auf der ehemals eine Schmalspur Holzbahn verlief, deren Überreste heute als Touristenattraktion in Abreschviller zu besichtigen sind.

Und weiter ging die Tour bergauf zum Donon. Dabei wurde das bewaldete Tal immer enger, die Straße scheinbar schmäler und der links oder rechts der Fahrbahn liegende, Schwindel erregende Abhang immer tiefer. So erreichten wir den Kamm auf der Höhe der Bergkette und jetzt wurden wir mit einem wunderbaren Ausblick verwöhnt. So weit das Auge reichte lag die wunderbare Berglandschaft der Vogesen vor uns, wobei die etwas neblig-diesige Wetterlage diesem Sonntagmorgen eine besondere Atmosphäre verlieh. Der direkt unterhalb des Gipfels eingerichtete Parkplatz wurde von uns zu einer kurzen Fahrtpause genutzt. Nicht nur dass man sich auf diesem "Col du Donon" die Beine vertreten konnte, dass man einen herrlichen Blick auf die Bergspitze mit dem nachgebauten römischen Tempel hatte.

Sodann war der Zuspruch auf die belegten Brötchen ebenso riesig wie auf den mitgeführten Kaffee, der schnell getrunken war.

Dieser Stopp in der frischen Natur ist fast ein Muss für uns Saarländer, da hier ja die beiden Quellflüsse, die Rote und die Weiße Saar ihren Anfang nehmen. Kurz nur war der Besuch der neben der Nationalstraße angelegten Erinnerungsstätte, die nochmals Hinweis auf die wechselhafte Zugehörigkeit dieses militärisch vielfach umkämpften Gebietes zwischen Deutschen und Franzosen gab.
Fast pünktlich gegen 11 Uhr erreichte die Fahrkolonne den Parkplatz vor dem ’Europäischen Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers’ in Struthof.


Blick auf die Anlage des KL-Natzweiler

Das Eingangstor zum Konzentra-
tionslager (Foto Michael Jung)


Mahnmal der ’Martyrer und der Helden’ Memorial vom Struthof (Foto Michael Jung)


Zur Mittagszeit vor dem Restaurant (Foto Oliver Kleis)


Burgenland Vogesen mit dem Blick
auf das malerische Kaysersberg
Scan des Guide pratique 2007


Hartmut König, Dekan und Neffe von Albert Schweitzer beim Vortrag (Foto: MJ)


Prospekt des Albert Schweitzer Museums


Die Innenstadt von Kaysersberg (Foto: MJ)


Besuchergruppe der Peter Imandt Gesellschaft beim Entspannen vor der Rückfahrt (Foto: O. Kleis)


Nachdem die Formalien mit der dortigen Verwaltung geklärt waren, konnte der individuelle Rundgang durch die Ausstellungsräume sowie die Besichtigung der soweit original erhaltenen Teile des Konzentrationslagers erfolgen. Der dabei bis 13 Uhr angesetzte, rund zweistündige Zeitraum ermöglichte auch eine ausreichende Würdigung der zeitgeschichtlichen Dokumentation.

Das heutige "Europäischen Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers" wurde direkt über dem im Jahr 1943 von den Deportierten gebauten "Kartoffelkeller" errichtet und ist ein in schwarz grau gehaltener moderner Betonglasbau. Die Dokumentation hat man auf verschiedene Ebenen platziert, wobei modernste Video- und Computertechnik zur Veranschaulichung eingesetzt werden. Mittels Film, Fotos, Dokumenten und alltäglichen Gebrauchsgegenständen wird so die Zeit des Dritten Reiches wieder lebendig, in der die Widerstandskämpfer die Gräuel und die unmenschlichen Taten der Nazis zu bekämpfen und vielfach dabei ihr Leben verloren.

Das imposante Mahnmal der "’Martyrer und der Helden der Deportation" wurde am 23. Juli 1960 vom französischen Präsidenten General de Gaulle eingeweiht. Der aktuelle französische Staatspräsident Jacques Chirac hat die Gedenkstätte im vergangenen Jahr nun zu einem "Europäischen Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers" erweitert. Trotz der Tatsache ein von der EU anerkanntes "Memorial" zu sein, ist jedoch anzumerken, dass es unserer Reisegruppe nicht möglich war, eine deutschsprachige Führung durch die Ausstellung und das Lager zu erhalten. Positiv fällt dann jedoch auf, dass alle Dokumente der Ausstellung in den Hauptverkehrssprachen der EU Deutsch, Französisch und Englisch erklärt werden.

Der Rundgang durch die verschiedenen Räume der Ausstellung lässt wohl jeden normal denkenden Menschen erschaudern, vor allem vor den Bewusstsein, dass zu diesem Lager Struthof auf dem Mont-Louise, dem Konzentrationslager Natzweiler in nur kurzer Zeit, vom Mai 1941 bis zum September 1944, rund 52 000 Menschen deportiert und davon rund 22 000 ermordet wurden. Die Ermahnungen des "Nie wieder" und des "Gegen das Vergessen" dieser Ausstellung ließen mir aber auch die gegenwärtige Politik in den Sinn kommen. Was machen wir, die gegenwärtig Lebenden falsch, wenn wir heute vom amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo erfahren oder von verstecken CIA-Gefängnissen in Europa, von denen wir offiziell auch nichts wissen.

Als die Reisegruppe pünktlich gegen 13 Uhr den Berg hinunter nach Rothau zum Mittagessen fuhr, regnete es unentwegt. So spiegelte auch das Wetter die Gefühle der Beklemmung und Bedrückung wieder oder bestärkte sie zumindest, diese Gefühle, die der Besuch der Gedenkstätte Struthof ausgelöst hatte und die der kurze, abschließende Blick bei der Vorbeifahrt an der abseits gelegenen "Gaskammer" des Lagers noch zusätzlich auslöste.

In Rothau wurden wir schon vom Chefkoch des Restaurants "De la place" erwartet, der für uns eigens eine "Choucroute alsacienne" zubereitet hatte. Natürlich konnte man abweichend von diesem Gericht auch Französisch essen oder ein anderes, gar rein vegetarisches Essen bestellen. Alsbald standen die großen dampfenden Servierplatten mit dem Sauerkraut und den verschiedenen Wurst- und Fleischsorten auf dem Tisch und die Grande Bouffe konnte beginnen. Eigentlich hätte es von vorneherein klar sein müssen, dass die für das Mittagessen veranschlagte Zeit viel zu kurz war. Nach dem vorzüglichen und mehr als ausreichenden Hauptgericht mit Bier oder Wein gab es noch ein Dessert, dann der obligatorische Café au lait oder ein Expresso. Zudem hatte sich die Reisegesellschaft in dem gemütlichen Nebenraum des Lokals jetzt erst so richtig zum Gespräch zusammengefunden. Leider offenbarte der Blick auf die Uhr die vorgerückte Stunde und zwang zur alsbaldigen Abfahrt.

Mit rund einer Stunde Verspätung ging es weiter Richtung Süden. Hell strahlte die Sonne als wir durch die Weinberge der Oberrheinischen Tiefebene fuhren, entlang der malerischen elsässischen Orte in der typischen Fachwerkbauweise, die zum Verweilen einluden. Besonders verführerisch wirkten die am Straßenrand stehenden, zahlreichen Verkaufstände mit den regionalen einheimischen Produkten. Wohl mancher hätte gerne die blauen oder weißen Weintrauben gekauft, sich schnell einen Apfel geholt, den Honig geschleckt, vom Federweiser probiert oder gar eine Tüte Walnüsse erworben. Auch an eine schnelle Weinprobe war nicht zu denken. Die Reise musste wie geplant ja weitergehen, entlang der verschiedenen Burgen, die sich, greifbar nahe und dennoch ein paar Kilometer entfernt, gut sichtbar auf den Randhügeln der Vogesen erhoben. Auch die Hochkönigsburg, zu der wir doch gerne noch gefahren wären, blieb zurück und so erreichte der Autokonvoi gegen 16. 30 Uhr den Parkplatz des Ortes Kaysersberg.

Nachdem sich die Reisegruppe der Peter Imandt Gesellschaft komplett im Park vor dem Denkmal von Albert Schweitzer versammelte, referierte Hartmut König über seinen großen Onkel Albert Schweitzer (Referat siehe unten!). Aus der individuellen Sicht von Hartmut König heraus nun über das Leben und Wirken des Friedensnobelpreisträgers informiert, wurde das obligatorische Gruppenfoto gefertigt, die gemeinsame Abfahrtszeit auf 18 Uhr festgelegt und dann zum Besuch des nahe gelegenen Albert Schweitzer Museums gebeten.

Das "Musée du docteur Albert Schweitzer" liegt am südöstlichen Rande des Städtchens Kaysersberg und ist im Geburtshaus von Albert Schweitzer untergebracht. Dieses Haus ist wie alle Häuser im Zentrum des Städtchens ebenfalls ein eingeschossiges Fachwerkhaus und hebt sich auf den ersten Blick nur durch die vier vorgesetzten Säulen von den übrigen Häusern architektonisch ab.

Die Ausstellung im Innern erstreckt sich über zwei größere Räume, die voll sind mit Fotographien, Dokumenten und Gegenständen, die Bezug nehmen auf das Leben und Wirken von Schweitzer. Dabei erscheint es fast als selbstverständlich, dass die aus Afrika stammenden, fremd anmutenden Utensilien wegen ihrer für uns Europäer Andersartigkeit, das besondere Interesse des Betrachters erzeugen.

Nach dem Besuch des Museums stand den Teilnehmern nur noch etwas Zeit zur Verfügung, um einen Gang durch das Örtchen zu unternehmen. Fast jeder der Teilnehmer bummelte so durch die engen Straßen, die täglich voll von Touristen sind. Überall drückten Menschen ihre Nasen an den Geschäftsauslagen. Spezielle Läden für Backwaren, Stickereien, Bierutensilien, Wein und Schnaps oder im Souvenirladen neben Postkarten gar der "Goldene Hirsch" konnten erworben werden.

Pünktlich begann die Rückfahrt der drei Wagen nach Saarbrücken. Kaum wurde die Autobahn Richtung Straßburg erreicht, stand dir Gruppe im Stau. Während unser Organisationsleiter Patric Bies spontan entschied, die Rückfahrt wieder über die elsässischen Dörfer zu wagen. Gemütlich wenngleich langsam verlief so für uns die Rückfahrt nochmals über die Orte, wobei wir sie jetzt im Gegenlicht der allmählich untergehenden Sonne sehen konnten. Endlich erreichten auch wir die autobahnähnliche Route Nationale und fuhren Richtung Norden in die inzwischen hereinbrechende Nacht. Über Molsheim ging es nach Saverne, wo wir dann die Autobahn nahmen und die letzten Kilometer bis zur Abfahrt Saargemünd zurücklegten.
Gegen 21.30 Uhr erreichte unser Kleinbus wieder den Ausgangspunkt am Landwehrplatz von Saarbrücken.


Referat vor dem Denkmal des Dr. Albert Schweitzer in Kaysersberg/Elsass als >PDF-Download (84 KB)
Von Hartmut König, Diakon und Neffe von Albert Schweitzer