Abfahrtsstelle am Landwehrplatz in Saarbrücken
In Lunéville
Gartenanlage des Schlosses von Lunéville
Das Internationale Bilderbogenmuseum in Epinal
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Sonntag, 19. Juni 2005
Exkursion/Tagesfahrt nach Lunéville & Epinal
mit Dr. Nikolaus Götz
"So endlich wurde Lothringen unwiderruflich mit der französischen Krone vereint: eine Vereinigung, die so oft vergeblich versucht worden war. Und ein polnischer König wurde nach Lothringen versetzt: diese Provinz erhielt so zum ersten Mal einen Souverän, der auch in ihr residierte – und er machte sie glücklich."
Voltaire über König Stanislaus I. Leszczynski
Précis du Siècle de Louis XV, 1768
Die Teilnehmer der dritten Tagesfahrt des Jahres 2005 der Peter Imandt Gesellschaft trafen sich am Sonntagmorgen dem 19. Juni kurz vor 8 Uhr wie immer an der zentralen Abfahrtsstelle am Landwehrplatz von Saarbrücken. Dort wurden sie schon vom Organisationsvertreter der Peter Imandt Gesellschaft e.V. Patric Bies mit dem kleinen Reisebus schon erwartet.
Nach der Begrüßung der rund 15 Anwesenden stellte der wissenschaftliche Fahrtbegleiter der Tour nach Frankreich Dr. Nikolaus Götz den Teilnehmern die beiden Reiseziele des Tages vor, die unter dem Arbeitstitel ’Von Bilderwerk und Bollwerk’ angekündigt worden waren. Zunächst sollte die Fahrt nach Epinal in Lunéville, der Residenzstadt des lothringischen Königs Stanislaus I. Leszczynski, unterbrochen werden. Das angekündigte Reiseziel Epinal mit der Besichtigung des berühmten ’Bilderbogenmuseums’ war dann als zweiter Programmteil der Tagestour für den Mittag und Nachmittag vorgesehen.
Pünktlich ging die Fahrt los und versprach ein wirkliches Erlebnis zu werden, zumal der Wettergott die Reiseteilnehmer an diesem Tag mit Sonne nur so verwöhnte. Wie die während der Fahrt geschossenen Fotos belegen, zeigt auch der übliche Zwischenstopp irgendwo an der Nationalstraße in Frankreich strahlenden Sonnenschein. Nach dieser ’Fünf Minuten Kaffee- wie Zigarettenpause’ war die Stadt Lunéville alsbald erreicht, wo die Busse im Stadtzentrum genau vor dem Residenzschloss einen Parkplatz fanden.
Die Gründung der heutigen Stadt Lunéville erfolgte irgendwann in der keltisch-römischen Epoche. Dabei wurde Luéville nach dem römischen Namen des an ihr liegenden Flusses ’Luna’, heute die ’Vezouze’, eben mit ’Lunéville’ benannt. Das ganze Mittelalter über war Lunéville eher ein unbedeutender Ort, dessen Burganlage die Handelsverbindungen der ’Salzstraße’ schützte, ebenso wie die zahlreichen Pilger auf ihrem Zug zu den heiligen Stätten in Spanien. Wegen dieser Pilgerscharen wurde gegen Ende des 11. Jahrhunderts die ausgedehnte Klosteranlage St. Rémy erbaut und auch das Krankenhaus St. Georges, das die Pilger verköstigte. Die Bischofstadt Lunéville entwickelte sich in der Folge zu einem bedeutenden Handels- und Verwaltungszentrum. Da die ehemalige mittelalterliche Burganlage im 18. Jahrhundert zu einem repräsentativen Schloss nach dem Vorbild von Versailles erweitert worden war, wählte König Stanislaus I. Leszczynski (1737-1766) Lunéville vor Nancy, der Konkurrenz- und Landeshauptstadt Lothringens, zu seinem Regierungssitz. Aus der Epoche von Stanislaus rühren auch die beeindruckende Schlossanlage mit dem ausgedehnten Park her, die nun Anlass zur Besichtigung gaben.
Bedauerlicherweise konnte das Schlossinnere nicht besichtigt werden, da das Schloss wegen eines Brandes und den dadurch notwendig gewordenen Umbaumaßnahmen geschlossen war. Der geruhsame Spaziergang über den weit angelegten Schlosshof entlang der sich hinziehenden Fassade, gab der Besuchergruppe ausreichend Zeit, die architektonische Bauleistung für dieses königliche ’Verwaltungsgebäude’ zu bestaunen. Anziehungspunkt im Schlosshof war eine bronzene Reiterstatue aus den Napoleonischen Kriegen, die Lasalle, einen der Generäle Napoléons, verewigt.
Der weitere Weg der Besuchergruppe führte mitten durch den Hauptaufgang des Zen-tralgebäudes in den rückwärtigen Teil der Schlossanlage. Der Blick fiel dabei automatisch auf den aufgetürmten Brandschutt, der belegte, mit welcher Zerstörungswut das Feuer im rechten Schlossflügel gewütet hatte. Im Zuge der notwendigen Renovierungsarbeiten werden, wie zu sehen war, nicht nur die angebrannten Holzbalken erneuert, sondern gleichzeitig auch schwer beschädigte Steine des Gemäuers ausgewechselt.
Die Gartenanlage des Schlosses von Lunéville beginnt nicht sofort hinter dem Zentralportal, sondern es wurde dort zunächst noch ein breiter, freier Platz angelegt, der mit einem hellen, feingroben Kieselsteinschotterbelag befüllt ist. Dieser Platz befindet sich auf gleicher Höhe wie der Schlosseingang und endet an einer mehrstufigen Treppe, die auf das tiefer liegende Gartenniveau führt. Verwöhnt von den barocken luxuriösen Gartenanlagen von Vaux le Vicomte oder von Versailles erscheint der Schlossgarten von Lunéville heute eher relativ einfach. Zwar ist er klassisch-symmetrisch konzipiert und läuft wie erwartet auf das ’zentrale’ Wasserbecken mit großer Fontaine zu, doch die erwartete ’königliche’ Blumenpracht hält sich eher in ’bürgerlichen’ Grenzen.
Wie Fürsten spazierten wir entlang der den Garten säumenden Marmorfiguren, hin zum weit entfernt liegenden Springbrunnenbecken. Zwischen den Schatten spendenden Baumreihen hindurch oder entlang der Sonnenüberfluteten Allee von säumenden Büschen führte der Weg zum großen Rundbassin und weiter ans Ende der Gartenanlage. Doch schon hatten sich einige der Teilnehmer auf den Rückweg Richtung Auto gemacht, da die vereinbarte rund einstündige Besuchszeit abgelaufen war und es deswegen galt, umzukehren.
Die Weiterfahrt verlief schnell und zügig sodass wir genau zur Mittagszeit in Epinal ankamen. Wir fuhren direkt zum Parkplatz des Bilderbogenmuseums, klärten die Einlasszeiten ab und beschlossen zunächst einen Rundgang durch die Altstadt von Epinal zu machen und dort in einem guten Lokal einzukehren. Ein annehmbares Restaurant wurde nach einem sich lang ziehenden Bummel durch die glühende Mittagshitze endlich zur allgemeinen Erleichterung direkt am Moselufer gefunden.
Die Stadt Epinal, im Herzen der Vogesen gelegen, wurde in 10. Jahrhundert durch die Bischöfe von Metz gegründet. Wie Lunéville schützte damals eine Burganlage die Bewohner, aber diese ehemalige Festung ist heute nur noch eine Ruine. Zu den kunsthistorisch interessanten Sehenswürdigkeiten der Stadt zählt die Abteikirche St. Maurice, doch die wirkliche Attraktion von Epinal ist die ’Imagerie’, das Internationale Bilderbogenmuseum. Die ’Bilderbögen’, Vorläufer der Literaturgattung der ’Comics’ nämlich, machten Epinal weltberühmt und verliehen ihr den Beinamen ’Stadt der Bilderbogen’.
Es ist besonders das Verdienst des Buchdruckers Jean-Charles Pellerin, die Kunst des Bilderdrucks um 1796 zu einer solchen Perfektion entwickelt zu haben, sodass sie als vorbildhaft allerorts kopiert wurde. Pellerin, zunächst Spielkartendrucker, spezialisierte sich dann aber auf Heiligenbilder. Das große Geschäft gelang mit der Französische Revolution und deren politische Turbulenzen. Pellerin entwarf Bildersatiren für die Revolutionäre, gegen den Klerus, den Adel und speziell Bilder zur Enthauptung des französischen Königs Louis XVI. Napoléon entwickelte sich zum wahren ’Bilderbogenkaiser’, und die Bilderbogenkunst trug nach der Schlacht von Waterloo und der Verbannung nach St. Helena entscheidend zur Legendenbildung und der Entstehung des Mythos von Napoléon bei. Holzschneider François Georgin, ein Mitarbeiter von Pellerin, verklärte das Leben des Korsen in über hundert Blättern zu einem naiven Epos, das sich beim Lesepublikum einer unvorstellbaren Beliebtheit erfreute und deshalb ein riesiger, auch finanzieller Erfolg wurde.
Die Ausstellung des Museums spannt den Bogen der Bilddruckkunst jedoch viel weiter. Den Besucher erwartet eine "Einführung in die Entstehung und Entwicklung der Möglichkeit graphischer Darstellung vom Beginn der Menschheitsgeschichte an bis in die aktuelle Gegenwart". Die Ausstellung präsentiert die Utensilien, die zum Schreiben und Zeichnen Vorraussetzung waren, die Materialen, auf denen geschrieben oder gemalt wurde ebenso wie die notwendige ’Tinte’ oder die Zeichenfarben. Natürlich nimmt die Darstellung der Technik der Zeichenkunst den größten Raum ein. Nach Gutenberg und der Erfindung der Druckkunst werden die typischen ’Imageries d’Epinal’ präsentiert. Schlusspunkt dieser Ausstellung ist dann die aktuelle Gegenwart, in der perfekte Computeranimationen per Beamer Texte, Graphiken oder Bilder plastisch vorgeführt werden. Diese Ausstellung ist ein mehr als bemerkenswerter historischer ’Flug durch die Zeit’, bei einem wichtigen kulturgeschichtlichen Thema. Erst diese Ausstellung macht bewusst, wie viele menschliche Erfindungen Vorraussetzung waren und wie viel Zeit verging bis zur uns heute selbstverständlichen Möglichkeit des Schreibens mit Papier und Filzer oder in WORD am Computer.
Nach dieser Einführung zum Thema ’Bilderdruckkunst’ begann die Führung durch die soweit ’original’ erhaltenen Fabrikhallen aus dem 19. Jahrhundert. Diese liegen eher unscheinbar direkt hinter dem modernen Museumsgebäude. Die französische Führerin erklärte ausführlich die Produktionsbedingungen der damaligen Zeit, wobei sie einzelne Arbeitsgeräte demonstrierte und ’Maschinen’ reaktivierte. So erklärte sie nicht nur die damaligen Probleme bei der Bildproduktion, sondern sie zeigte auch die gefundene technische Lösung in Form der jeweiligen Arbeitsschritte. Damit wurde wieder eine Welt der Druckkunst lebendig mit einer Vielfalt von einzelnen Produktionsvorgängen für die Anfertigung nur eines einzigen vielfarbig kolorierten Bildes, eine Welt, von der wir bei der heute üblichen digitalen Print- und Reproduktionstechnologie nichts mehr wissen.
Schlusspunkt der Führung durch die ’Imageries d’Epinal’ war die Möglichkeit, die im Kellergewölbe des Fabrikgebäudes ausliegenden, reichlich vorhandenen Druckprodukte zu kaufen. Allein das Stöbern und Betrachten der ausgestellten, bunten Bilderwelt bereitete große Freude, doch der Blick auf die Preise dieser Kleinode bereitete dem Vergnügen bedauerlicher Weise ein schnelles Ende.
Ein Großteil der Besuchergruppe zog es vor, die Hitze des Tages schnell mit einem kühlen Bierchen noch abzukühlen und so die letzten Minuten vor der Rückfahrt beschaulich am Moselufer von Epinal sitzend in gemeinsamer Runde zu verbringen.
Nach einem ungewollten Stopp mit Reifenwechsel erreichte die Reisegruppe der Peter Imandt Gesellschaft e.V. zwar etwas ermüdet aber doch wohlauf und beeindruckt von den Erlebnissen des Tages pünktlich gegen 20 Uhr Saarbrücken. Wieder einmal hatte eine informationsreiche Ausflugsfahrt ihr Ende gefunden.
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